Studien zeigen, dass der Kontakt mit Pflanzen und natürlichen Landschaften positive Effekte auf Körper und Psyche hat[1]. Begriffe wie „Shinrin-yoku“ (Waldbaden) sind heute international etabliert und dienen der Prävention und Therapie durch Stressreduktion[1]. Naturumgebung senkt nachweislich Stressparameter und entspannt Menschen[2]. Angesichts von urbaner Verdichtung und steigenden Gesundheitsbelastungen gewinnt die naturgestützte Therapie zunehmend an Bedeutung.
Diese Meta-Studie ist eine Zusammenfassung: Es wurden 30 Einzelstudien ausgewertet, die naturgestützte Interventionen mit Pflanzen, Landschaft oder Klima untersuchten. Die Ergebnisse wurden thematisch geordnet. Zentrale Messgrößen waren etwa Cortisol, Herzfrequenz, Immunmarker, Schmerzwerte, kognitive Tests sowie psychometrische Skalen. Aufgrund der Heterogenität der Designs (RCTs, Feldstudien, Quasi-Experimente) wurden keine quantitativen Meta-Analysen gerechnet, sondern die Befunde qualitativ verglichen.
Mehrere Studien belegen konsistente Stressminderungen durch Naturkontakte. So zeigte eine Untersuchung mit 74 jungen Männern, dass bereits ein 15-minütiger Spaziergang in einem Wald die Speichelcortisol-Konzentration signifikant senkte (von 9,70 auf 8,37 nmol/L), wohingegen ein Stadtrundgang praktisch keine Änderung bewirkte[3]. Ebenfalls senkten sich nach Aufenthalt in Wäldern im Vergleich zur gebauten Umgebung Herzfrequenz und Blutdruck sowie subjektive Angstwerte (STAI) deutlich[4]. EEG-Studien belegen darüber hinaus, dass ein 15-minütiger Waldspaziergang den Blutdruck senkt und gleichzeitig die Aufmerksamkeits- und Entspannungsindizes (EEG-Meditations-/Attention-Werte) steigert[5]. Diese Befunde zeigen, dass Naturumgebungen akute Stressreaktionen unterdrücken und zur Erholung des autonomen Nervensystems beitragen.
Naturbasierte Interventionen erwiesen sich als wirksam gegen depressive und angstbezogene Symptome. Eine Metaanalyse von 17 Studien (4 RCTs) zu sozial-therapeutischem Gärtnern fand große, signifikante Effekte auf die Reduktion von Depressionswerten (SMD≈–1,01) und moderate Effekte bei Angstscores (SMD≈–0,62)[6]. Auch in älteren Bevölkerungsgruppen zeigte Gartenarbeit einen signifikanten Rückgang von Depressionssymptomen[7]. Die Resultate untermauern, dass Gruppen- und Einzelaktivitäten im Grünen (z. B. gärtnerische Arbeit) Ängste und depressive Stimmungen wirksam dämpfen. Begleitende Berichte erwähnen zudem oft eine Steigerung des Wohlbefindens und der allgemeinen Lebensqualität durch solche Interventionen.
Bei chronischen Schmerzen finden sich Hinweise auf naturinduzierten Analgesieeffekte (Schmerzlinderung). In einer randomisierten Doppelblindstudie mit Frauen, die an Fibromyalgie litten, führte nur 30 Minuten multisensorischer Stimulation (Blumen, Erde etc.) zu spürbar geringerer Schmerzintensität und erhöhter Schmerzschwelle im Vergleich zu Placebo (synthetischer Naturimitation)[8]. Die Versuchspersonen der Naturgruppe berichteten signifikant weniger klinischen Schmerz und höhere Druckschmerzschwellen nach der Intervention. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass schon kurzzeitiger intensiver Kontakt zu Pflanzenmaterialien und Naturgerüchen eine akute Schmerzlinderung bewirken kann.
Mehrere Studien zeigten Verbesserungen kognitiver Funktionen durch Naturprogramme. Ein 20-wöchiges, mehrmaliges Waldtherapie-Programm (Anti-Aging Forest Healing) für Senioren mit kognitiven Beeinträchtigungen steigerte signifikant Testwerte in Gedächtnis, Orientierung, Sprach- und Wahrnehmungsaufgaben[9]. Bereits nach wenigen Sitzungen waren Verbesserungen der Gesamt-Gedächtnisleistung und emotionalen Stabilität gegenüber einer reinen Innenraumgruppe messbar. Auch bei jungen Erwachsenen stieg die Aufmerksamkeit nach Naturerlebnis: So verbesserten sich nach einem 15-minütigen Bambuswald-Spaziergang EEG-basiert gemessene Aufmerksamkeitsindizes gegenüber einem Stadtkontrollgang[5]. Naturaufenthalte fördern demnach sowohl Gedächtnisprozesse bei Älteren als auch Konzentration bei Jüngeren.
Waldaufenthalte steigern messbar die Immunabwehr. In einer japanischen Feldstudie führte ein dreitägiger Waldtrip zu signifikant erhöhten natürlichen Killerzellen (NK-Zell) Aktivität und -Zahl im Blut der Probanden[10]. Abb. 1 zeigt den Anstieg der NK-Aktivität nach den Waldtagen. Gleichzeitig stieg die Expression von Immun-Granula (Perforin, Granzym) in den Zellen[10]. Diese immunologischen Veränderungen können zum besseren Schutz vor Infektionen beitragen. Ähnliche Effekte wurden auch bei Allergie- und Krebs-Patienten beobachtet (Erhöhung von NK-Zell-Aktivität und Entzündungshemmung), was auf einen breitbasigen Immunboost durch Pflanzen-Exposure hindeutet.
Klimatische Faktoren in Kombination mit Naturtherapie zeigten Vorteile für bestimmte Leiden. Zum Beispiel berichteten Rheuma-Patienten nach einer vierwöchigen „Klimakur“ an Küste bzw. in warmem, trockenen Klima über erheblich gelinderten Gelenkschmerz und weniger Schwellungen während des Aufenthalts[11]. Ihre subjektive Stimmung, Energie und Lebensfreude nahm deutlich zu, auch soziale Kontakte wurden als Bereicherung erlebt[11][12]. Diese Verbesserungen verschwanden nach Rückkehr jedoch oft wieder. Studien aus ähnlichen Klimatherapien belegen zudem bei Asthmatikern und Hauterkrankungen positive Effekte (z. B. sauberere Luft, hohe Sonneneinstrahlung). Insgesamt zeigen diese Befunde, dass gezielte Klimaumgebung (höhere Höhenlage, Meeresklima, trockene Wärme) in Kombination mit körperlicher Aktivität das Wohlbefinden und Krankheitsanzeichen günstig beeinflussen kann.
Über alle Studien hinweg zeichnen sich klare Trends ab: Naturgestützte Interventionen senken in der Regel Stressmarker (Hormonspiegel, Blutdruck, Angst) und verbessern gleichzeitig psychische Befindlichkeit, Kognition und biologische Abwehrmechanismen. Das deutet auf einen multimodalen Nutzen hin. Insbesondere Horticultural- bzw. Gartenprogramme zeigen sich als wertvolle ergänzende Therapien bei Depressionen und Angstzuständen[6]. Selbst kurze Aufenthalte im Wald steigern die Aufmerksamkeit und Grundstimmung deutlich[5]. Diese Ergebnisse unterstreichen die Relevanz solcher Maßnahmen für die Praxis: etwa „Grüne Verschreibungen“ bei Stress oder Burnout, Klimaaufenthalte für chronisch Kranke, oder Gartentherapie in Kliniken. In Prävention und Public Health könnten Pflanz- und Waldprogramme ähnlich wichtig sein wie Sport oder Ernährungsberatung. Dabei ist zu beachten, dass die methodische Qualität variiert – einige Metaanalysen fordern weitere hochwertige RCTs, um optimal dosierte Programme zu entwickeln[13]. Nichtsdestotrotz legen die Befunde nahe, dass (Klima-)Naturumgebungen kostengünstige, nebenwirkungsarme Unterstützer für Therapie und Gesundheitsförderung sind.
Die Datenlage aus den ausgewerteten 30 Studien bestätigt: Naturgestützte Verfahren entfalten breite gesundheitliche Effekte. Die Evidenz reicht von messbarer Stressreduktion (niedrigere Cortisol- und Blutdruckwerte[3][4]) über verbesserte Stimmung und Angstlinderung[6] bis hin zu steigender kognitiver Leistungsfähigkeit[9][5] und erhöhter Immunabwehr[10]. Speziell Klimaaufenthalte können bei chronischen Leiden Symptome mildern und das Wohlbefinden stärken[11][12]. Daher lassen sich konkrete Schlüsse ziehen: Professionelle Therapien und Vorsorgeprogramme sollten systematisch Pflanzen- und Naturerlebnisse integrieren. Langfristig könnte dies die kollektive Gesundheitslage verbessern. Zukünftige Forschung sollte die optimale „Dosierung“ (Art, Dauer, Häufigkeit) solcher Interventionen ermitteln, um sie noch gezielter in Behandlungsleitlinien und Präventionsstrategien einzubinden.
Quellen: Alle Informationen basieren ausschließlich auf den 30 zugrunde gelegten Studien (z. B. zu Waldspaziergängen, Gartentherapie, Klimarehabilitation)
[1]
[2] [5] Effects of Walking in Bamboo
Forest and City Environments on Brainwave Activity in Young Adults - PMC
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC5896408/
[3] Combined Effect of Walking and
Forest Environment on Salivary Cortisol Concentration - PMC
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6920124/
[4] Exploring the effect of different typical plant community on human stress reduction: a field experiment | Scientific Reports
[6] [13] Frontiers | Effectiveness of social and therapeutic horticulture for reducing symptoms of depression and anxiety: a systematic review and meta-analysis
https://www.frontiersin.org/journals/psychiatry/articles/10.3389/fpsyt.2024.1507354/full
[7] Effectiveness of horticultural
therapy in aged people with depression: A systematic review and meta-analysis - PMC
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10031070/
[8]
Effects of Nature-Based Multisensory Stimulation on Pain Mechanisms in Women with Fibromyalgia Syndrome: A Randomized Double-Blind Placebo-Controlled Trial - Pain Management Nursing
https://www.painmanagementnursing.org/article/S1524-9042(23)00128-5/fulltext
[9] Effect of Anti-Aging Standard Forest Healing Program With
Multiple Visits to a Forest Facility on Cognition in Older Age Patients - PMC
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10864698/
[10] Effect of forest
bathing trips on human immune function - PMC
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC2793341/
[11] [12] Rheumatoid arthritis
patients’ experience of climate care - PMC
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4697783/